29. März 2009

Wie ein Kind

Wie ein Kind

Ich gehe mit meiner Nichte Sonja spaziere, sie ist noch sehr jung.
Wir gehen durch die Felder, direkt hinter unserem Haus.
Auf einmal ruft sie laut und starrt auf einen Baumstamm, Ich schaue zuerst auf den Baumstamm, doch ich kann nichts besonderes entdecken. Ich schaue sie an, sie macht ganz große und erstaunte Augen, so wie nur Kinder es können und ist ganz aufgeregt. Ich sehe wieder zum Baumstumpf, doch auch jetzt kann ich keine Besonderheiten wahrnehmen.
Ich frage sie, warum sie so aufgeregt und erstaunt ist. Sie antwortet nur: "Vogel!"
Ich schaue wieder zum Baum und tatsächlich, da sitzt der Vogel, der schon die ganze Zeit da saß.
Für Sonja ist es was Besonderes.
Für mich ist es nur irgendein Vogel.

Wir gehen weiter. Plötzlich hebt Sonja ein Eichenblatt auf. Sie schaut es an und fährt mit den Fingern die Adern des Blattes nach. Sie starrt es sehr lange an und hat das selbe Glitzern in den Augen, wie bei dem gewöhnlichen aves.
Für sie ist es was Neues,
für mich nur ein Blatt unter Tausenden.

Wir laufen weiter. Dann bleibt sie stehen und schaut sich eine Blume an. Ich will weitergehen, denn ich sehe keinen Grund stehen zu bleiben. Diese Blume sieht aus wie jede andere.
Doch Sonja pocht darauf zu bleiben.
Ihr strahlendes Gesicht, so voller Neugierde, Spannung und Erstaunen macht mich glücklich.
Für mich ist es nur eine Blume,
doch für Sonja ist es eine ganz neue Erfahrung.

Kind müsste man sein!



verfasst: Januar 2009

4 Kommentare:

Karen hat gesagt…

Das erinnert mich an meine kleine Cousine. Sie is mittlerweile 11, hat aber den Blick für Details immernoch nicht verloren. Für sie is die Welt immernoch ein Wunder, von Menschen mal abgesehen. Sie hat mich völlig durchschaut, als sie gerade mal 6 war :D

Eigentlich wirklich schade, dass man abstumpft, wenn man etwas schon zigmal gesehen zu haben denkt. Dabei ist jedes Blatt völlig unterschiedlich, jeder Moment einzigartig. Auch wenn man denkt, dass man ihn schon kennt.

Jay Nightwind hat gesagt…

Ich glaube, ich kann das manchmal noch. Ich habe das Gefühl, in einigen kleinen Momenten die Magie zu sehen. Das ist schön.

Guter Text. Frischt Erinnerungen in meinem Kopf auf.

Charly hat gesagt…

an Meadow: Ich glaube, dass wir auch abstumpfen, weil wir uns keine Zeit mehr für Details nehmen und deswegen zum Teil die Einzigartigkeit eines Momentes nicht mehr entdecken. Wir können von Kindern noch viel lernen.

an Jay: ich hoffe, du kannst dir diese Fähigkeit erhalten, denn sie ist sehr selten und sehr schön.

Der Imperator hat gesagt…

Gefällt mir sehr gut uns, spiegelt er doch die Erfahrungen wieder die ich täglich mit meinem Sohn mache.

Ich beziehe mich mal auf einen meiner, von Jay inspirierten, Texte.

Es ist ein Geschenk die Welt durch Kinderaugen sehen zu können.